Fast vier Jahre nach Release der Wii scheint auch die Konkurrenz endlich den großen Markt des bewegungsgesteuerten Spielens erkannt zu haben. Während Microsoft mit Kinect im November einsteigt (Test folgt), erscheint Sonys Playstation Move schon am 15. September – und sorgt nach früheren, mehr oder weniger gescheiterten Versuchen mit EyeToy nun endlich für einen Generationenwechsel im Genre. Jahrelang haben sich „echte“ Gamer schließlich davor gesträubt, von den Next-Gen-Konsolen zwecks Bewegungssteuerung auf die Wii umzusteigen – zu groß war der technische Rückschritt, zu stark war die Spieleauswahl auf die Zielgruppe der „Nintendo-Fans“ beschränkt. Wer jahrelang HD-Grafik gewohnt ist, möchte als Vielspieler einfach kein Scart-Kabel mehr an seinem Fernseher sehen.
Doch mit PlayStation Move kommt nicht nur endlich HD-Grafik in das bewegungsgesteuerte Spielen. Das Steuerungskonzept selbst ist dem der Wii (auch inklusive Motion Plus) überlegen, indem es neben der Verfolgung durch die PlayStation Eye-Kamera sämtliche Bewegungen des Spielers durch extrem präzise Sensoren in den neuen Move-Controllern genau analysiert. Vergleichen kann man diese Sensoren in etwa mit denen eines iPhones – Gyroskop, Beschleunigungssensor und Erdmagnetfeldsensor sind zur Messung der Relativbewegungen integriert, während die auf dem Fernseher aufgestellte Kamera die genaue Position im dreidimensionalen Raum anhand der angebrachten Leuchtbälle erkennt. So ist sogar hochpräzises Augmented-Reality-Gaming (vergleiche EyeToy) möglich – Spielgeräte wie Tennisschläger fügen sich auf dem Fernsehbild so genau in die Hände der Spieler ein, dass man schon fast dazu neigt, mal nachzusehen, ob denn wirklich keiner in der Hand liegt. Zu den Spielen aber später mehr.
Der Move-Controller selbst wirkt schon beim ersten Griff komfortabler und Sony-typisch einfach hochwertiger und stylischer als das Nintendo-Pendant. Das Material entspricht etwa dem des DualShock 3, auf die Waage bringt er knapp 150 Gramm. Neben den gewohnten Symboltasten (an deren Orientierung man sich erst gewöhnen muss) gibt es eine „Move“-Taste, die im Normalfall zum Bestätigen dient und außerdem einen Trigger auf der Unterseite, für den es zum Release sogar schon verschiedenste Aufsätze gibt. Neben dem üblichen Mini-USB-Port gibt es noch eine weitere Schnittstelle, welche vermutlich für spätere Hardware-Addons reserviert ist. Durch das ausgeklügelte Design konnten alle Tester unabhängig von der Handgröße den Controller problemlos greifen. Neben dem normalen Move- bzw. „Motion“-Controller wird es außerdem den „Navigation“-Controller geben – dieser hat neben den „X“- und „O“-Tasten außerdem ein Steuerkreuz und einen Analogstick und wird vor allem bei Spielen, in denen es einen Charakter zu steuern gilt, verwendet werden. Beim aktuellen Spiele-Lineup hat er aber noch eine untergeordnete Bedeutung und wird daher von uns erstmal vernachlässigt.
Doch ohne gute Spiele ist auch die beste Steuerung nichts – schauen wir uns mit „Sports Champions“ also mal den wohl beliebtesten Launch-Titel an. Er ist vom Prinzip an Wii Sports angelehnt und bietet zum fairen Preis von knapp 37 Euro sechs ganz verschiedene Sportarten: Disc-Golf, Beach-Volleyball, Tischtennis, Gladiatorenduell, Bogenschießen und Boccia – insbesondere ist es sehr erfreulich, nicht wieder nur die klassichen Sportarten im Paket zu sehen. Im Tekken-Stil geht es im Einzelspieler-Modus dabei stets darum, sich mit einem gewählten Charakter von Stufe zu Stufe in der jeweiligen Sportart durchzukämpfen. Positiv anzumerken ist, dass der Mehrspieler-Modus der meisten Spiele auch schon mit nur einem Controller nutzbar ist – bis zu vier Personen wechseln sich dabei ab. Je nach Fähigkeit kann vor den Spielen zwischen Bronze-, Silber- und Gold-Schwierigkeit gewählt werden – während bei Bronze eine zufällige Handbewegung schon fast reicht, um Erfolge zu erzielen, wird erst bei Gold die unglaubliche Präzision der Controller deutlich, die die Haltung der Hand bspw. beim Disc-Golf oder Tischtennis wirklich exakt erkennen und das Spielgerät präzise um sämtliche Achsen drehen lassen – lediglich eine kurze (!) Kalibrierung ist vor jedem Spiel erforderlich. Uns hat es besonders das Disc-Golfen angetan, das wirklich einen ungeheuren Suchtfaktor mit sich bringt. Die grafisch sehr ansprechend gestaltete Landschaft trägt da natürlich einiges zum positiven Spielgefühl bei.
Am Beispiel des Tischtennis lässt sich mal wieder ein guter Vergleich zur Wii ziehen. Während bei dieser die Bewegungen oft mehr willkürlich als kontrolliert erscheinen (und sich somit gefühlt etwa auf dem Bronze-Level von Move einreihen), wird bei höheren Schwierigkeitsgeraden deutlich, wie stark Move der Wii überlegen ist. Der Frustrationsfaktor ist bei Move nämlich lange nicht so groß – wenn ein Ball schlecht kommt, dann in den meisten Fällen, weil man ihn gefühlt auch wirklich schlecht geschlagen hat. Ähnlich ist es beim Gladiatorenduell – gerade die Möglichkeit, mit einem Move-Controller sein Schwert und mit einem weiteren sein Schild zu kontrollieren, lässt das Spielen deutlich intuitiver wirken als bspw. beim Kendo von Wii Sports. Vom Grafik-Aspekt wollen wir nun lieber nicht mehr sprechen…
Zum Release ist die Spiele-Auswahl noch relativ klein: Mit „Start The Party“, quasi EyeToy 2.0, „EyePet Move Edition“, dem Move-Pendant des Kindervergnügens und „Kung Fu Rider“, ein auf Dauer eher langweiliges „Jump and Run“, ist das Launch-Lineup von Sony selbst eher an die jüngere Generation gerichtet. Doch gerade die Games der bekannten Publisher sind es ja, die die PS3 schon immer so attraktiv gemacht haben: Ubisoft zeigt mit „R.U.S.E.“ schon zum Launch, was im Strategie-Bereich so möglich ist, Klassiker wie „Resident Evil“, „SOCOM“ und „Killzone“ werden bald mit Move-Unterstützung erscheinen – man kann also gespannt sein, was die Move-Zukunft so mit sich bringen wird.
Aktuelle Kaumempfehlung ist somit aktuell zweifellos das Starter-Paket. Neben der obligatorischen Eye-Kamera enthält es einen Move-Controller und eine Multidemo-Disc, mit der man sofort ins Spielevergnügen einsteigen kann. Anhand dieser kann man sich auch davon überzeugen, dass das erwähnte „Sports Champions“ wohl die nächste Investition sein sollte. Für zusammen etwa 90 Euro sind somit zunächst mal viele Tage voller Move-Spaß gesichert – uns konnte das Konzept auf jeden Fall begeistern. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass viele Publisher auf den Zug aufspringen und wir somit in diesem Bereich noch viele Innovationen in den nächsten Monaten und Jahren sehen werden.