Zwei Alben, Fünf Grammys, den Ivor Novello Award, zahlreiche Platinauszeichnungen und ein viel zu kurzes Leben. Das ist die Bilanz einer Geschichte, wie sie tragischer nicht hätte sein können. Am 14. September 1983 wurde Amy Winehouse als Tochter eines Taxifahrers und einer Apothekerin in Southgate, London geboren. Im Alter von neun Jahren trennten sich Mitchell und Janis Winehouse, schon früh zog es das Ausnahmetalent auf die Bühne. Mit 18 Jahren unterschrieb sie ihren ersten Plattenvertrag bei Island Records, wo 2003 ihr Debütalbum „Frank“ erschien.
„Frank“ lies die Musikfans das bis dato ungeahnte Potential in ihrem künstlerischen Schaffen erahnen. Es wurde 900.000 mal verkauft und konnte sich in den UK TOP 20 platzieren. Nach der Trennung von Blake Fielder-Civil, einem ebenfalls in Drogenprobleme verwickelten Videoassistenten, den Amy Winehouse während des Drehs zur Single „Rehab“ kennen gelernt hat, verarbeitete sie den Schmerz auf ihre Weise und schrieb sich ihn von der Seele. Dabei entstanden geniale Songs, wie „Love Is a Losing Game“, „Tears Dry on Their Own“, „Wake Up Alone“ oder „Back to Black“, welche im gleichnamigen Album im Jahre 2006 veröffentlicht wurden. Musikalisch wirkt die New Yorker Retro-Funk-Soul Band „Dap Kings“ maßgeblich an dem Album mit und begleitet Amy Winehouse später als Tourband. Der Produzent Mark Ronson verpasst den zehn Songs den letzten Schliff und macht den Weg frei, für ein Soulalbum, das noch lange seines Gleichen suchen wird. Die Mischung aus authentischen Texten – die Winehouse nur über ihr selbst wiederfahrene Ereignisse schreibt – einer unverkennbar impulsiven Retro-Stimme und ungeschönter Rhythm- und Bläser-Ensembles macht dieses Werk so vollkommen und man möchte fast sagen ‚perfekt‘. Im Mai 2008 erhielt sie dafür den Ivor Novello Award – ihr Titel „Love Is a Losing Game“ wurde als bestes Lied sowohl in musikalischer, als auch textlicher Hinsicht ausgezeichnet.
Die Verleihung der Grammys stand wieder einmal im Schatten des Drogensumpfes. Amy Winehouse musste via Videokonferenz zugeschaltet werden, da ihr aufgrund ihres Drogenproblems kein Visum ausgestellt wurde. Winehouse erhielt fünf der begehrten Grammys und „Back to Black“ verkaufte sich bis dato 5,1 Millionen mal. Amy Winehouse wurde zur Marke und weltberühmt. In den großen Städten wurden Ballerinas wieder modern und auch die hoch gesteckte Frisur in Form eines Bienennestes wurde wieder populär. Magazine und Boulevard-Blätter hielten jeden Rausch und jede Eskapade in Bild, Ton und Text fest und machten das große Geld auf Kosten des Privatlebens der Sängerin. Was nach dem Erfolgsalbum kam, war eine längere Pause, in der weniger die Musik im Vordergrund stand, als viel mehr die sich häufenden Exzesse.
Im Juni 2011 fand in Belgrad das erste Konzert ihrer geplanten Tour statt, welches zugleich das erste nach einem längeren Aufenthalt in einer Entzugsklinik war. Die Anstrengungen der britischen Soulsängerin waren jedoch vergebens. Alkohol, Crack oder andere Substanzen zeigten ihre zerstörerische Wirkung und die 20.000 Fans bekamen nur den Schatten der Amy Winehouse zu sehen, nicht jedoch die geniale britische Sängerin. Immer wieder mussten die „Dap Kings“ allein spielen und die vom Publikum gebeutelte Sängerin schließlich von der Bühne tragen. Die geplante Tour wurde abgesagt. Die in diesen Tagen häufig zitierte Textzeile „They tried to make me go to rehab / But I said no, no, no“ gewann nun immer mehr an Bedeutung und zeigt die Hilflosigkeit der wenigen Leute auf, die versucht haben Amy Winehouse aus diesem düsteren Keller heraus zu helfen.
Das Auftaktkonzert in Belgrad war gleichzeitig ihr letztes Konzert. Am 23. Juli 2011 wurde Amy Winehouse tot in ihrer Wohnung im Londoner Stadtteil Camden aufgefunden. Der „Club 27“ zählt nun auf tragische Weise ein weiteres Mitglied. Jim Morrison, Jimi Hendrix, Curt Cobain, Brian Jones, und Janis Joplin sind ebenfalls viel zu früh gestorben und Mitglieder dieser Gemeinschaft. Was bleibt ist die Ungewissheit über all die großen Songs, die noch ungeschrieben waren. Was bleibt, sind zwei große Alben der Musikgeschichte, auf denen eine junge Frau ihre tiefsten Gefühle zum Ausdruck bringt und tief in ihre Seele blicken lässt. Was bleibt, ist die Erinnerung an eine Künstlerin mit einer so druckvollen, tiefen, uralten Stimme, die nicht so recht in diese Zeit passen wollte, in die Zeit der Lady Gagas. Jim Morrison sagte einmal: „Drugs are a bet with your mind.“ Diese Wette hat Amy Winehouse verloren, wie zu viele Andere vor ihr schon. „You go back to her / And I go back to black.“